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OLG Nürnberg: Produktweiterempfehlung mit Werbung per E-Mail wettbewerbswidrig

Unter welchen Voraussetzungen sind Produktweiterempfehlungen per E-Mail erlaubt?
Martin Bahr | 24.11.2005

Ein Artikel von Rechtsanwalt Dr. Bahr, http://www.Dr-Bahr.com

Das OLG Nürnberg (Urt. v. 25.10.2005 - Az.: 3 U 1084/05) hat entschieden, dass die Produktweiterempfehlung per E-Mail verbunden mit Werbung wettbewerbswidrig ist.

Ein großes deutsches Versandhandelshaus bot auf seiner Internetseite einem Dritten, der ein bestimmtes Produkt ausgewählt hatte, die Möglichkeit an, dieses Produkt per E-Mail direkt von der Internetseite aus an einen beliebigen Dritten zu versenden. In der E-Mail war zudem noch weitere Werbung enthalten:

Dies sahen die Nürnberger als Spam § 7 Abs.2 Nr.3 UWG an:

"Die E-Mail, die beim Dritten ankommt, enthält neben der eigentlichen „Produktempfehlung" im engen Sinne (...) eindeutig und unmissverständlich Werbung. Schließlich preist die Beklagte in der E-Mail die Möglichkeit an, im Rahmen eines „Großen Sonderverkaufs" bis zu um 50 % reduzierte Ware zu erwerben. Dies ist Werbung, weil sie auf den Absatz von Waren gerichtet ist.

Die Klägerin hat in der Berufungshandlung erläutert, dass sie die E-Mail inhaltlich nicht beanstandet hätte, wenn in dieser die soeben aufgeführte Werbung nicht enthalten gewesen wäre. Auch nach Auffassung des Senats würde die reine Produktempfehlung als solche nicht als wettbewerbswidrig zu qualifizieren sein: Sie ist zwar auch als Werbung im weitesten Sinn zu verstehen, ihr Versand per E-Mail beruht aber allein auf dem Entschluss eines Dritten, der im Zeitpunkt des Versendens nicht vom UWG erfasst wird, da seine Tätigkeit nicht auf den Absatz eigener Waren gerichtet ist."

Und weiter:

"Das Anfügen dieser Werbung widerspricht den Voraussetzungen, die § 7 Abs.2 Nr. 3 UWG für das Zusenden von Werbung auf elektronischem Wege aufgestellt hat, da die Einwilligung des Adressaten nicht vorliegt:

Das Zusenden der E-Mail mit diesem konkreten Inhalt beruht nicht auf der Entscheidung eines Dritten. Denn (...) hat der Dritte ausdrücklich den Menupunkt „Produktempfehlung" angewählt. Er wird dabei davon ausgehen, dass er lediglich ein konkret von ihm aus dem Warenangebot der Beklagten ausgewähltes Produkt samt persönlichen Grüßen, aber keine darüber hinaus gehende Werbung versenden würde.

Schließlich erlangt er aufgrund des von der Beklagten zur Verfügung gestellten Menuablaufs keine Kenntnis von der konkreten Fassung der E-Mail, in der diese beim Dritten ankommt. Der Zugang der Werbung mit einem „Großen Sonderverkauf' ist von der Entscheidung des Dritten, eine E-Mail zu versenden, so nicht gedeckt. Vielmehr „schmuggelt" die Beklagte im Wege einer entsprechenden Programmierung diese „hinein"."

Das Urteil ist eine der ersten oberinstanzlichen Entscheidungen zum Thema Produktweiterempfehlungen per E-Mail. Interessant ist es insbesondere auch deswegen, weil die Nürnberger Richter hier die Ansicht vertreten, dass die reine Produktweiterempfehlung (ohne Werbung) ihrer Meinung nach nicht wettbewerbswidrig sei, während in der Vergangenheit andere Gerichte die gegenteilige Auffassung vertraten.
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