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Storytelling: Geschichten erzählen - zum Weitererzählen

Wer positiv im Gespräch ist, bei dem wird auch gerne gekauft. Also: Machen Sie sich zum Stadtgespräch, zum ‚talk of the town’!
Anne M. Schüller | 01.10.2006

Sind Sie ein guter Geschichtenerzähler? Geschichten eignen sich prima, um in die Köpfe und Herzen seiner Kundschaft zu gelangen. Geschichten faszinieren uns, weil sie uns lehren, das Leben zu meistern. Sie unterhalten und stimulieren uns und bringen uns zum Staunen. Sie lassen uns am Leben Anderer teilhaben und die Welt mit deren Augen sehen.

Gehirnforscher glauben, dass jeder Denk- und Entscheidungsprozess von inneren Bildern begleitet wird, die unser Hirn in einem unaufhörlichen Schöpfungsprozess konstruiert. Spannende Geschichten setzen ein wahres Kopfkino in Gang. Sie werden gut behalten und oft weitererzählt.

Vor allem aber: Wer positiv im Gespräch ist, bei dem wird auch gerne gekauft. Also: Machen Sie sich zum Stadtgespräch, zum ‚talk of the town’!

Wie man Unternehmensgeschichten macht

Unternehmen bestehen aus einer Unmenge von Geschichten. Welche davon wollen Sie erzählen? Und vor allem: Welche sind für die Mund-zu-Mund-Propaganda nützlich? Das ist einfach: Es sind genau die Geschichten, die Dritte aus gutem Grund und liebend gerne hören: Weil sie lehrreich, lustig, traurig, spannend, bizarr, verblüffend oder beeindruckend, also auf eine bestimmte Art und Weise interessant sind. Hoffentlich spielen Sie und Ihre Produkte und Dienstleistungen darin eine gute Rolle!

Ermitteln Sie zunächst: Welche Geschichten werden bei Ihnen hinter den Kulissen, also in der Kaffeeküche, auf den Gängen und nach Feierabend erzählt? Und was sagen sie über die Stimmung im Betrieb aus? Ist der Kunde darin Freund oder Feind? Was wird von Mitarbeitern ausgeplaudert und von den Lieferanten unters Volk gebracht? Wie reden Ihre Vertriebsleute vor Kunden oder im Freundeskreis über Interna? Hört sich das alles wertschätzend oder eher abfällig an?

Und welche Geschichten erzählen Sie selbst über sich und die Firma? Sind Sie darin Opfer oder Held, voll Kummer oder ein Macher? Das Bild, das Sie von sich zeichnen, ist das Bild, das man von Ihnen haben wird. Also: Erzählen Sie, wie Sie erfolgreich sind, und was Ihr Erfolgsgeheimnis ist.

Positive Geschichten in Umlauf bringen

Erzählen Sie die Geschichten, die man über Sie erzählen soll. Kein Sportler würde ständig seine Negativ-Erlebnisse vorkramen, wenn er zum nächsten Sieg eilen will. Ganz im Gegenteil: Er führt sich seine größten Triumphe vor Augen. Also: Nur keine falsche Bescheidenheit! Richten Sie Ihren Fokus auf das, was gut funktioniert.

Machen Sie es sich zur Gewohnheit, zu Beginn einer jeden Begegnung und an den Anfang eines jeden Gesprächs eine Erfolgsstory zu setzen. Erzählen Sie Geschichten, die den Geist Ihres Unternehmens und Ihr Verständnis von Kundenorientierung besonders gut wiedergeben! Stellen Sie dar, was die Kunden bei Ihnen erleben und wie es Ihnen immer wieder gelingt, Kunden zu begeistern.

Die beste Garantie dafür, positiv im Gespräch zu sein: Verhalten Sie sich innerhalb und außerhalb Ihres Unternehmens so, dass hierdurch gute Geschichten entstehen können. Benehmen Sie sich insbesondere im Umgang mit Kunden immer so, dass diese gar nicht anders können, als Sie in den höchsten Tönen zu loben.

Einen Geschichten-Fundus anlegen

Wer nichts mehr zu sagen hat, gerät schnell in Vergessenheit. Schaffen Sie sich daher zunächst einen regelrechten Geschichten-Fundus an, denn das Geschichtenerzählen darf niemals aufhören. So können Sie über Kuriositäten aus der Gründerzeit plaudern, und wie es dem Unternehmen durch Höhen und Tiefen gelang, dort anzukommen, wo es heute steht.

Sie können die kleinen Heldentaten von Entwicklern und Auszubildenden schildern. Oder über die Geheimnisse von Herstellung und Auslieferung plaudern. Oder über Auszeichnungen, Ihr soziales Engagement und Ihr Umweltbewusstsein berichten. Wahre Erfolgsgeschichten von begeisterten Kunden fesseln dabei ganz besonders. Im Einzelnen geht es also um:

• Wer-wir-sind-Geschichten
• Wo-wir-herkommen-Geschichten
• Wie-wir-Kundenorientierung-leben-Geschichten
• Wie-es-unseren-Kunden-erging-Geschichten
• Wo-wir-hin-wollen-Geschichten

Märchen als Vorbild

Als kleine Kinder hören wir die gleichen Märchen immer wieder gern, später dann als Erwachsene schauen wir uns unsere Lieblingsfilme x Mal an. So werden Geschichten für immer gespeichert:

• über ständige Wiederholungen des Gleichen
• als einzigartige, überraschende, emotional tief berührende Erlebnisse

Eine gut gemachte Erzählung führt entlang eines Spannungsbogens von einer Ausgangssituation über eine Veränderung zu einem Endpunkt. Beim Aufbau können Sie sich an gängigen Märchen orientieren. Sie haben folgendes Muster:

• Was war am Anfang (= das Problem)?
• Wer (= der Held) tat was (= die gute Tat) mit wessen Hilfe (= die gute Fee)?
• Wo lauerten Gefahren (= das Abenteuer)?
• Wie ging das Ganze aus (= der Sieg, das Happy End)?

Der Anfang einer Geschichte ist besonders wichtig, denn da fragen wir uns: Hat das was mit mir zu tun? Ist die Antwort ‚Ja’ und das Ganze für uns relevant, hören wir weiter zu. Ist es für uns ohne Bedeutung, also irrelevant, schaltet unser Hirn auf Durchzug. Im Verlauf der Handlung wünschen wir uns Höhen und Tiefen, das weckt Emotionen und erzeugt Spannung. Nur eitel Sonnenschein, das will keiner sehen. Wir brauchen dramaturgische Wendungen, Rückschläge, Überraschungen. Und zum Schluss ein positives Ende. Unser Hirn will das Happy End. Denn es ist süchtig nach Glückshormonen..

Geschichten platzieren

Selbst die beste Geschichte bewirkt nichts, solange sie im Dunkeln schlummert. Holen Sie sie ans Licht, verpacken Sie sie gut und machen Sie sie öffentlich. Gute Geschichten sind neu, sie sind anders, sie überraschen, sie sind im wahrsten Sinne des Wortes merkwürdig und sie sind vor allem – wahr. Erzählen Sie Ihre Geschichten so, wie sie sich tatsächlich zugetragen haben.

Geschichten, die nicht stimmen, die geschönt sind, hinter denen keine Substanz steckt, werden früher oder später immer entlarvt, wofür meist die entrüsteten Mitarbeiter sorgen. Falsche Loyalität, bei der das Umfeld wissentlich das unethische Verhalten der Oberen decken soll, ist heute immer weniger zu bekommen. Und das ist auch gut so. "Mit Lügen kommt man durch die ganze Welt, aber nicht mehr zurück", sagt treffend ein russisches Sprichwort.

Der Stoff, aus dem besonders gute Geschichten werden: Machen Sie Ihre Kunden zu Akteuren. Lassen Sie sie zuschauen und mitmachen. Wird der Kunde ganz persönlich und möglichst individuell eingebunden, ergeben sich erzählenswerte Geschichten und damit auch Empfehlungen von ganz allein.

Reden Sie mit ihren Kunden, um diese (hoffentlich positiven) Geschichten in Erfahrung zu bringen. Sammeln und dokumentieren Sie diese und geben Sie Passendes sofort wieder in Umlauf. Sogar die einschlägige Presse ist hierfür ein dankbarer Abnehmer.

Ein nachahmenswertes Beispiel

Wolfgang Stratenwerth, Geschäftsführer des 16-Mann IT-Beratungsunternehmens Consono Consult aus Hamburg hat es ausprobiert. Sechs Monate, nachdem das Fachmagazin ‚Beschaffung aktuell’ einen Anwender-Bericht über seine Vertragsmanagement-Software CUNO gebracht hatte, resümiert er wie folgt: 30 Interessenten, die sich auf den Beitrag hin gemeldet haben, acht daraus resultierende Präsentationen, ein konkreter Auftrag und einige weitere in der Pipeline.

Sein Erfolgsgeheimnis? Er hatte perfekte Arbeit geleistet und dies anschließend von dem auf das Erstellen von Success Storys spezialisierten Dienstleister casestudies.biz professionell aufbereiten lassen. Weil seine Fallstudie nicht vom Unternehmen selbst, sondern von einem erfahrenen Wirtschaftsjournalisten aus der Position des neutralen Dritten heraus geschrieben worden war, fehlten die sonst üblichen Selbstbeweihräucherungen.

Der Kunde und nicht das eigene Unternehmen wurde zum ‚Helden’ gemacht. So wirkte die Geschichte weniger werblich und damit glaubwürdiger. "Hinter jedem Kunden steckt eine spannende Geschichte", meint Harry Weiland, Inhaber von casestudies.biz und propagiert das Storytelling.


Buchtipp:

Anne M. Schüller
Zukunftstrend Empfehlungsmarketing
Der beste Umsatzbeschleuniger aller Zeiten
BusinessVillage Verlag 2005, 135 Seiten
ISBN: 3-934424-65-1, 21,80 €
eBook: PB-587, 14,80 €
www.businessvillage.de

Hier bestellen: http://www.anneschueller.de/rw_e13v/main.asp?WebID=schueller3&PageID=122


Die Autorin:

Anne M. Schüller ist Diplom-Betriebswirt und gilt als führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Sie ist als Marketing Consultant, Dozentin, Trainerin und Buchautorin tätig und gehört zum Kreis der ‚Excellent Speakers’.
Kontakt: www.anneschueller.de oder info@anneschueller.de
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Über Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Keynote-Speaker, Bestsellerautorin und Businesscoach. Sie gilt als eine der Top-Experten für Touchpoint Management in Europa.