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Faktenbasiertes Storytelling: Komplexe Inhalte verständlich dargestellt

Je klarer und einfacher erklärungsbedürftige Themen transportiert werden, desto nachhaltiger bleiben sie im Gedächtnis.
Katrin Kolossa | 24.04.2023
Wie bleiben Geschichten im Gedächtnis? © Freepik
 

Wie kann das vielschichtige Thema Energiewende umfassend und dennoch nachvollziehbar dargestellt werden? Wie lässt sich spielerisch erklären, was künstliche Intelligenz für Start-ups und junge Unternehmer:innen leisten kann? Und eignet sich ein eher „nischiges“ Thema wie Strahlenschutz tatsächlich dafür, substanziell und gleichzeitig leicht verständlich aufbereitet zu werden?

Unternehmen und Marken, Institutionen und Forschungseinrichtungen, die komplexe und erklärungsbedürftige Inhalte an ihre Zielgruppen vermitteln wollen, stehen vor einer schwierigen Herausforderung. Es geht darum, Nutzer:innen zu involvieren und für belastbare Fakten zu begeistern – und damit zu verhindern, dass sie möglicherweise an anderer Stelle zu stark verkürzten Darstellungen oder gar Falschinformationen aufsitzen. Eine Marke, die für seriöse Informationen steht, schafft sich zudem eine mächtige Positionierung im Markt und ein glaubwürdiges Standing bei ihren Zielgruppen.

Menschen denken in Geschichten

Tatsache ist: Je klarer und eingängiger Inhalte transportiert werden, desto nachhaltiger bleiben sie im Kopf. Im Fall von komplexen Daten wie etwa bei wissenschaftlichen Informationen mag das paradox klingen – und als kaum zu bewältigende Aufgabe erscheinen. Doch wer die Kunst beherrscht, abstrakte Themen und für Lai:innen undurchsichtige Datensätze in eine einfachere „Sprache“ zu übersetzen – als Wort und/oder Bild – der macht diese Themen erfassbar und interessant. Wichtig: Es geht dabei nicht um das Weglassen relevanter Informationen. Schon eine Aufbereitung, die das Interesse der Leser:innen weckt und aufrechterhält, bedeutet eine wirkungsvollere Art der Kommunikation. 

Dem faktenbasierten Storytelling liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Menschen in erster Linie in Geschichten denken. Reine Fakten dagegen spielen zunächst eine untergeordnete Rolle. Eine Story, die Aufmerksamkeit und Interesse des Publikums weckt, macht es empfänglich für die Informationen dahinter. Selbstverständlich darf das nicht zulasten des Wahrheitsgehaltes und der Faktentreue gehen. Gerade im Umgang mit Informationen und Daten gilt aus meiner Sicht eine besondere Sorgfaltspflicht – angesichts von Halbwahrheiten und weit verbreiteter Wissenschaftsskepsis mehr denn je. Doch im Sinne eines erfolgreichen, auf Fakten basierenden Storytellings kommt das „How to tell it“ auf jeden Fall vor dem „What to tell“. 

So geht erfolgreiche Faktenvermittlung

Regel Nummer eins beim faktenbasierten Storytelling ist deshalb, die Geschichten generell einfach zu halten. Eine klare Erzählweise, schlüssige Argumentationen und ansprechende Visualisierungen machen aus komplexen Informationen verständliche und nachvollziehbare Geschichten. Es geht darum, dass die Nutzer:innen nicht den Faden verlieren. Wie erwähnt: Je schwieriger und erklärungsbedürftiger ein Thema ist, desto wichtiger ist es, ein einfaches und kreatives Narrativ zu entwickeln.

Regel Nummer zwei: Spannende Fakten dürfen nicht in endlosen Texten verschwinden, die – realistisch betrachtet – nur wenige Nutzer:innen tatsächlich lesen und verstehen werden. Gerade komplexe Themen verlangen danach, in holistisches Storytelling gepackt zu werden. Was heißt das? Die redaktionelle Arbeit, durch die Inhalte in verständliche Texte gefasst werden, geht Hand in Hand mit dem Layout und dem Design – bis hin zur ansprechenden Datenvisualisierung. Die jeweiligen Expert:innen sollten deshalb in ständigem Austausch stehen, um das Thema in ein wirklich nutzerzentriertes Storytelling zu überführen. 

Regel Nummer drei betrifft die emotionale Gestaltung des Storytellings. Schließlich sind Zahlen und Fakten zunächst abstrakte Größen – Relevanz erhalten sie erst durch emotionale Bezüge. Anders ausgedrückt: Wem es gelingt, mit Fakten nicht nur das Hirn, sondern auch das Herz der Menschen zu erreichen und sie sowohl auf kognitiver als auch emotionaler Ebene zu packen, ist mit seiner Erzählung auf dem richtigen Weg. Gutes Storytelling verankert Informationen durch Emotionen. 

Emotionale Storys machen Fakten wirksam

Ein Beispiel, wie gutes Storytelling abstrakte Zahlen verpackt: Aktuell stehen mehr als 42.100 Spezies auf der Roten Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Eine Zahl, deren Dimension unser Vorstellungsvermögen überfordert. Aber das Bild eines Eisbären, der auf einer schmelzenden Eisscholle treibt, weckt Emotionen in uns. Die Verknüpfung nüchterner Fakten mit konkreten, nachvollziehbaren und berührenden Storys verleiht ihnen erst ihre Wirkung.

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Über Katrin Kolossa

Katrin Kolossa ist Geschäftsführerin Sapera Studios GmbH. Die Agentur entwickelt kreative Scrollytellings, Datenvisualisierungen und Dashboards.

Kommentare

Harald Kopeter

Die goldene Regel im Storytelling lautet: Inform an guide me, hype and entertain me – und das ist genau das, was Menschen in der digitalen Welt suchen. Menschen suchen nach Information, nach Orientierung, nach Inspiration und nach Unterhaltung, doch was sie bestimmt nicht suchen, ist Werbung. Genau aus diesem Grund wirkt Werbung auch kaum noch. Doch am Wichtigsten ist, Storytelling muss verständlich sein, denn Menschen kaufen nicht die besten Produkte, sie kaufen die Produkte, die sie am besten verstehen.

Karin Thier

Die Verwendung von Metaphern ist ein wirksames Mittel, um komplexe Sachverhalte und Emotionen verständlich darzustellen, wie das Bild des Eisbären zeigt. Das funktioniert deshalb so gut, weil unser Gehirn bei der Entschlüsselung der Metapher noch zusätzliche Übersetzungsarbeit leisten muss. Das heißt, es muss die Botschaft dahinter entschlüsseln, sozusagen das Rätsel der Metapher lösen. Dadurch bleibt die Botschaft besser und nachhaltiger in unseren Köpfen haften, als es reine Daten oder Fakten tun würden. Hier liegt aber auch der Knackpunkt: Bei der Verwendung muss immer streng darauf geachtet werden, dass die Metapher von den angesprochenen Zielgruppen „decodiert“, entschlüsselt werden kann. Ansonsten ist diese Art des Storytellings wirkungslos.

Miriam Rupp

Storytelling für leichte Lifestyle-Themen ist beliebt. Aber die Magie liegt für mich gerade darin, trockene Daten und Fakten mit Geschichten spannend zu machen. Deswegen arbeiten wir besonders gerne mit technischen B2B-Unternehmen zusammen, deren Produkte und Dienstleistungen oft sehr komplex sind. Dabei ist es wichtig, dass Hürden und Herausforderungen im Narrativ nicht ausgespart werden, um sie authentisch und interessant zu machen.

Thomas Pyczak

Ohne Fakten keine Storys, zumindest im Business. Aber wie viele Fakten brauche ich, um die Story zu erzählen? Das ergibt sich aus der Sache. Beispiel künstliche Intelligenz. Eine komplexe Welt. Doch was macht OpenAI (die Entwickler von ChatGPT und DALL-E)? Sie lassen uns mit ihren Produkten spielen und die Geschichten, die am Ende erzählt und weitererzählt werden, sind echt. Sie enthalten Fakten – doch, wichtiger noch: Sie enthalten Leben.