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E-Mail-Marketing der 1.000 umsatzstärksten deutschen Onlineshops

E-Mail ist weiterhin ein wertvoller Kanal: Auch 2022 bieten 94,4 % der Online-Shops und Marktplätze ihren Kunden ein Newsletter-Abonnement an.
Genutzte E-Mail-Versandsystem-Typen der Online-Shops © Publicare Marketing Communications GmbH
 

Seit 2018 untersuchen wir jedes Jahr im Rahmen der E-Commerce-Markt-Deutschland-Studie des EHI Retail Institutes und Statista, welche Tools die 1.000 größten deutschen B2C-Online-Shops für ihr E-Mail-Marketing verwenden. Und seit fünf Jahren bestätigen wir immer wieder zwei Dinge:

Erstens, E-Mail ist weiterhin ein wichtiger und wertvoller Kanal: Auch 2022 bieten 94,4 % der Online-Shops und Marktplätze ihren Kunden ein Newsletter-Abonnement an1.

Und zweitens, fast alle Shops nutzen dafür professionelle E-Mail-Service-Provider (ESP) oder API-basierte Sending Services – bedienen sich dabei aber einer Vielzahl von Lösungen in einem fragmentierten Markt.

Unübersichtlich, fragmentiert und ungleich verteilt

Der Tabellenführer SAP Emarsys verliert leicht, was aber daran liegt, dass wir unsere Methodik angepasst haben und eine etwas höhere Grundgesamtheit ausweisen. Faktisch wird Emarsys von 184 Shops gegenüber 183 Shops im Vorjahr eingesetzt. Ähnlich stabil hält sich Salesforce Marketing Cloud auf der zweiten Position. Zusammen kommen die beiden auf rund ein Drittel Marktanteil (32,3 %) – es ist also noch genug Markt für die anderen Anbieter übrig, eine echte Konsolidierung ist weiterhin nicht in Sicht.

Im Fünfjahresvergleich zeigt sich, dass Emarsys seine führende Position mit nur leichten Schwankungen gut behauptet, Salesforce seinen Marktanteil dagegen von 2018 bis 2020 nahezu verdoppeln konnte und diesen Erfolg seitdem mehr oder weniger gehalten hat.

Der Drittplatzierte Optimizely (ehemals Episerver/Optivo) dagegen hat einen fünfjährigen Sinkflug hinter sich, von 12,2 % (2018) auf heute 6,7 %. Auch Mailchimp hat seit 2018 konstant verloren und liegt nur noch bei 3,4 %. 2021 setzten noch 40 der Top 1000 Online-Shops auf den Anbieter mit dem Schimpansen, 2022 sind es nur noch 29. Ob dies daran liegt, dass auch vier Jahre nach Inkrafttreten der DSGVO Mailchimp für europäische Kunden nach wie vor kein EU-Rechenzentrum anbietet?  Jedenfalls sehen wir hier den größten absoluten Verlust in unserer Auswertung, dicht gefolgt von Inxmail, die seit 2019 Marktanteile verlieren. Mehr als halbiert hat sich Mapp von 5,1 % Marktanteil 2018 auf heute 2,1 %, gleiches gilt für Cheetah Digital (von 3 auf 1,1 %), wenngleich der Versender im aktuellen Jahr stabil bleibt. Stabil sind auch Oracle und Adobe; sie liegen über den gesamten Zeitverlauf hinweg um die 3-Prozent-Marke.

CleverReach rückt vor auf den vierten Platz und verbessert sich gegenüber dem Vorjahr (von 5,8 auf 6,3 %). Im Langzeitvergleich hat der Anbieter damit etwas verlorenen Boden wiedergutgemacht, denn CleverReach lag 2018 bis 2020 bei mindestens 7 %. Den größten absoluten Zugewinn verzeichnen Sendinblue (+13 Shops) und Klaviyo (+10), zwei schlanke E-Mail-Automation-Plattformen, die auch die Erstellung von Landing Pages, Social Advertising oder SMS ermöglichen. Klaviyo legt den Fokus auf E-Commerce-Kunden, bietet Integrationen mit vielen Shop-Systemen und ist 2022 eine strategische Partnerschaft mit Shopify eingegangen – es ist also nicht verwunderlich, dass die Plattform im Fünfjahresvergleich stetig Marktanteile hinzugewinnt. Positiv haben sich im Langzeitvergleich auch Rapidmail und GetResponse entwickelt, allerdings ohne große Veränderung im letzten Jahr. Bemerkenswert ist zudem Bloomreach (früher Exponea), die mit 1,2 % Marktanteil (Vorjahr: 0,8 %) erstmals in der Liste der 20 meistgenutzten Systeme auftauchen und derzeit energisch auf den deutschen Markt drängen.

Wie (un)beweglich ist der Markt?

Als Zwischenfazit zeigt sich: Das stärkste Wachstum weisen schlanke Lösungen auf, die zwar viele unterschiedliche Funktionen bieten, aber eine geringere Funktionstiefe haben als die großen Marketingautomationslösungen – während diese stagnieren. Hat sich hier für die Großen womöglich der Markt erschöpft?

Grundsätzlich sehen wir in unseren Zeitreihen keine große Wechselbereitschaft. Wir haben uns alle Shops angesehen, die während der letzten fünf Jahre kontinuierlich in der Grundgesamtheit der Top 1000 deutschen Onlineshops vertreten waren – von diesen 396 Shops haben 266 keinen Plattformwechsel vollzogen, also rund zwei Drittel (67,2 %). Rund 30 % (118 Shops) haben einmal gewechselt, nur 10 Shops zweimal und zwei Shops sogar dreimal.

Das bestätigt unsere vorangegangene Überlegung: Wer Know-how und Personal aufgebaut hat, um eine aufwändige Lösung zu betreiben, wird sich einen Wechsel gut überlegen – und wer eine schlanke und funktionierende Lösung nutzt, hat oft weder die Kapazität noch einen sehr hohen Nutzen, die Mühen eines Plattformwechsels auf sich zu nehmen.

Unsere Vermutung: Die meisten Firmen bleiben am Ende bei ihrer gewachsenen internen E-Mail-Marketing-DNA, die bei den Nutzer:innen „einfacher“ Lösungen besagt, dass sie nicht mehr brauchen als das, was sie haben. Schon 2020 hatten wir die These aufgestellt, dass sich der Markt in Nutzenmaximierer und Kostenminimierer aufteilt und letztere gar kein Interesse an einer High-End-Lösung entwickeln. Für kleinere E-Commerce-Firmen ist das womöglich der bessere Weg angesichts eines hart umkämpften Arbeitsmarkts für Expert:innen, die das ganze Potenzial von größeren Plattformen erschließen können. Denn wer die Möglichkeiten nicht nutzt, hat letztlich nur höhere Kosten. Selbst ohne Fachkräftemangel müssen Enterprise-Plattformen eine Ergebnisverbesserung mit sich bringen, welche die Kosten überkompensiert, die für Lizenzen, externe Beratung und Implementierung sowie interne CRM- und Plattformspezialist:innen anfallen.

Blick auf den Gesamtmarkt: ESP dominiert, Markt fragmentiert

Von 870 der 1.000 Shops haben wir Newsletter erhalten – und davon versendet eine überwältigende Mehrheit von 96,6 % über einen ESP oder sie nutzen einen „Sending Service“. Letztere sind Lösungen, die durch Schnittstellen (APIs) direkt an den B2C-Onlineshop oder andere (Inhouse-)Marketing-Systeme angebunden werden. Ein kleiner Anteil von 1,3 % der E-Mail-Marketing-Betreibenden verwendet die im Shopsystem integrierte Versandlösung beziehungsweise ein Versandskript oder eigene Lösungen, deren Versandtechnologie uns nicht vorliegen (1,5 %). Im Vorjahr war dieser Anteil zusammengerechnet mit 4,7 % merklich größer. Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre fort: Immer mehr B2C-Onlineshops verlassen sich auf externe E-Mail-Service-Provider, wenn es um Themen wie Mailserver-Konfiguration, Versandsteuerung oder E-Mail-Zustellbarkeit geht.

Bei den 846 B2C-Onlineshops und hybriden B2C-Marktplätzen haben wir insgesamt 76 verschiedene E-Mail-Versandplattformen erkannt. Dabei wurden nur die Shops und Marktplätze betrachtet, die im Untersuchungszeitraum von 12 Monaten E-Mails über eine als ESP, Sending Service oder E-Mail-Modul eines Webshops identifizierte Versandplattform gesendet haben.

Die Nutzung der Systeme ist weiterhin nicht gleichmäßig verteilt: 84,2 % der 846 B2C-Onlineshops und hybriden B2C-Marktplätze verwenden eine der 20 meistverbreiteten Plattformen, während 38 Plattformen nur von einem oder zwei der 1.000 umsatzstärksten Shops verwendet werden.

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Über Publicare Marketing Communications GmbH

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