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Zwitschern für den Verkaufserfolg

Meinungsbildung und Kaufentscheidung fallen immer häufiger im Netz. Ein Chance für den ECommerce.
Markus Walter | 09.12.2010
Das Social Web ist derzeit äußerst populär. Immer mehr Menschen nutzen soziale Netzwerke wie Facebook, Xing, Twitter und Co., um bestehende Kontakte zu pflegen und neue aufzubauen. Nicht selten kommunizieren die User dabei auch über Produkte und Marken. Meinungsbildung und Kaufentscheidung fallen so immer häufiger im Netz. Ein Chance für den ECommerce.
Veränderte Mediennutzung
Empfehlungen anderer Verbraucher über Marken und Produkte spielen im Meinungsbildungsprozess von Konsumenten schon immer eine wichtige Rolle. Heute
finden die Informationsbeschaffung und der Dialog über Waren und Dienstleistungen verstärkt im sogenannten Social Web statt. Der Begriff „sozial“ steht in diesem Zusammenhang für die Unterhaltung von Mensch zu Mensch. Da heute über das Internet eine viel schnellere Kommunikation möglich ist, wird dieser Austausch für Kaufentscheidungen immer wichtiger. Noch nie gab es dermaßen viele öffentliche Diskussionen und Meinungsäußerung, wie in den heutigen Social Media. Da ist es logisch, dass sich dies auch auf das Online-Shopping überträgt. Befragungen zeigen, dass es kaum noch eine Rolle spielt, ob die Menschen sich persönlich kennen oder der Kontakt nur über das Netz besteht. Wie das Meinungsforschungsinstituts Nielsen meldet, ist die Online-Konsumentenbewertung nach der Empfehlung von Bekannten die zweitwichtigste Orientierung für Käufer. Verbraucher vertrauen Verbrauchern, online wie im wahren Leben. Die Kommunikation besteht damit eben nicht mehr aus
dem Modell One-to-One oder One-to-Many, sondern muss als Many-to-Many-Modell verstanden werden. Dieser Verschiebung des Informationsverhaltens in Form des gegenseitigen Austauschs im Netz müssen auch Unternehmen Rechnung tragen. Gerade E-Tailern bietet sich durch diese Entwicklung die Möglichkeit, als Teil der Internet-Community den Kontakt zu anderen Usern zu suchen und Beziehungen zur Zielgruppe aufzubauen. Heute versteht man die aktive Beteiligung der Kunden und die persönliche Beziehung sowie die Kommunikation der Kunden untereinander und mit dem Handel als Social Commerce.
Twitter boomt
Ein boomendes Medium des Social Webs ist der Microblogging-Dienst Twitter. Allein in Deutschland greifen monatlich über zwei Millionen Unique Visitors auf den Dienst zu. Durch die Reduktion der Textnachrichten auf 140 Zeichen werden hier Meinung
und Kommentare kurz und knackig, ja gar polarisierend geäußert. Pro Tag gelangen circa 50 Millionen Tweets ins Netz. Twitter ermöglicht es, Nachrichten in Echtzeit zu lesen und weiterzuverbreiten. Damit eignet sich der Dienst sehr gut für den Einsatz im Umfeld des Social Commerce. Wer einer Marke bei Twitter folgt, kauft mit größerer Wahrscheinlichkeit auch deren Produkte und empfiehlt sie seinen Freunden. Das ergab eine Studie des Marktforschungsunternehmens Chadwick
Martin Bailey, an der rund 1.500 Verbraucher teilnahmen. Von den Befragten gaben 79 Prozent an, die Marken, denen sie über Twitter folgen, ihren Freunden zu empfehlen. 67 Prozent der Twitter-Follower kaufen auch bevorzugt deren Produkte. Twitter erfüllt dabei mehrere Funktionen, zum Beispiel als eigene Werbetrommel, zum Erstkontaktaufbau und zum Support für Kunden. Doch Social Media haben ihre eigenen Spielregeln. Es geht hierbei nicht um die massenhafte Verbreitung von Werbe- und Marketing-Botschaften, sondern darum in Gesprächen mit der Zielgruppe die eigenen Botschaften authentisch zu vermitteln.
Gesprächen zuhören
Um Interessenten zielgruppengerecht via Twitter anzusprechen, sollten Händler deshalb genau hinhören, über was sich ihre (potenziellen) Kunden austauschen. So werden für das Kundenmanagement wertvolle Erkenntnisse gewonnen: Wie sind die Erwartungen? Was findet die Zielgruppe gut? Was bewegt jemanden zum Kauf, was hält ihn davon ab? Stimmungen, Trends und Tendenzen lassen sich so schnell erkennen und die Ansprache entsprechend anpassen.
Debatten führen
Die klassischen Push-Maßnahmen, wie sie in bisherigen Vertriebs- und Marketing-Aktionen angewendet werden, helfen bei Twitter nicht weiter. Marketing-Floskeln und Werbebotschaften erzielen über diesen Kanal eher negative Effekte. Händler sollten stattdessen den direkten Dialog mit der Zielgruppe suchen. Dazu sind kreative und neuartige Inhalte rund um Produkte, Veranstaltungen, Branchen-News oder auch Tipps gefragt. So kann der Experten-Status für eine Warengruppe untermauert
werden. Preise und Verkaufszahlen zu den neuesten Gadgets sind beliebt. Wissenswertes wie aktuelle Studienergebnisse, Markttrends und andere News
werden von der Community gern aufgenommen und im Netzwerk weiterverbreitet. Genau solch eine digitale Mundpropaganda wirkt bei Interessenten viel stärker als Werbebotschaften, da sie sich in erster Linie an den Meinungen und Empfehlungen
ihrer Freunde und Kontakte im Netz orientieren.
Influencer identifizieren
Besonders aktive User, die regelmäßig eigene Inhalte einstellen, ihre Meinung kundtun und über viele Kontakte und damit eine hohe Reputation verfügen, sollten identifiziert werden. Mehr noch, durch den direkten Kontakt in Form von Kommentaren und Gesprächen können diese Influencer als Fürsprecher für das eigene Unternehmen gewonnen werden. Dabei ist es wichtig das Vertrauen des Gegenübers zu gewinnen. Ein offener Dialog auf Augenhöhe ist gefragt. Der Konsument muss sich ernst genommen fühlen und merken, dass sich mit seinen Bedürfnissen auseinandergesetzt wird. Dabei sollte auch mit Vertretern gegenteiliger oder kritischer Meinungen gesprochen werden.
Kritik ernst nehmen
Wer sich dem Austausch via Twitter und Social Media stellt, wird früher oder später auch Kritisches zu hören bekommen. Mit diesen Äußerungen gilt es offensiv umzugehen. Negative Postings sollten ernst genommen und adäquat darauf reagiert werden. Händler müssen sich mit ihren Kunden auseinandersetzen. Dabei spielt die Antwortzeit eine entscheidende Rolle. Bei Twitter geht es um Echtzeitkommunikation. Daher ist es wichtig, schnell auf Fragen und Kommentare zu reagieren und passende Informationen bereitzustellen. Ein gutes Monitoring, das Beiträge zum Shop, Produkten und Angeboten findet, stellt die Basis für eine solche
Art der Kundenkommunikation dar.
Persönlichkeit verleihen
Unternehmen können nicht twittern – es twittern immer Mitarbeiter. Daher sollte auf dem Twitter-Account deutlich gemacht werden, wer dort schreibt. Shop-Betreiber sollten den Autorennamen angeben und Fotos des Verantwortlichen einstellen. So wird das Unternehmen für die Dialogpartner nahbar und erhält eine Persönlichkeit. Denn Menschen möchten sich mit anderen Menschen austauschen und nicht mit anonymen Unternehmen. Wichtig ist dabei nicht nur die Person selbst, sondern auch ihre Rolle. Die Kommunikation mit dem Vorstandsvorsitzenden hat eine andere
Qualität als die mit einem Auszubildenden.
Twitter bringt Traffic
Wie bei anderen Tools auch, ist Twitter nur ein Baustein der Kommunikationsstrategie. Der Dienst sollte nicht allein stehend betrachtet werden. Vielmehr ist Twitter vergleichbar mit einem Spielmacher im Fußball. Mitspieler werden durch genaue Zuspiele in Szene gesetzt. So dient auch Twitter dazu, andere Angebote ins Rampenlicht zu rücken. In 140 Zeichen kann keine umfängliche Sicht
auf ein Produkt oder Marktsegment veröffentlicht werden. Es geht vielmehr darum auf Angebote, Aktionen oder Produktneuheiten hinzuweisen. Verlinkungen auf den Shop oder das neuste Produkt-Video auf YouTube schaffen Aufmerksamkeit und generieren Traffic. Dabei spielt die Form der Ansprache eine wichtige Rolle. Die Tweets sollten die Botschaften gekonnt verpacken und neugierig machen. Lustiges, skurriles und kreative Post werden besonders gern gelesen und an das Netzwerk
weiterverbreitet. Genau diese viralen Effekte gilt es zu nutzen.
Fazit
Das Social Web ist mit seinen vielfältigen Dialogmöglichkeiten ein zentrales Element der Meinungsbildung für Konsumenten. Kaufentscheidungen werden von Diskussionen im Web stark geprägt. Dienste wie Twitter bieten Online-Händlern eine Plattform, an diesem Prozess teilzuhaben. Platte Werbesprüche und Marketing-Floskeln bringen allerdings keinen Erfolg. Vielmehr muss ein offener Dialog entstehen, über den Fürsprecher für die Marke, den Shop oder die eigenen Produkte gewonnen werden. Die digitale Mundpropaganda einzelner User wirkt viel stärker als die klassischen Push-Kampagnen.