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Wie Sie die Potenziale für ein profitables Eigenmarken-Geschäft optimal ausnutzen

Forcierung der Eigenmarken ist für viele Händler ein Muss. 6 Tipps, wie Sie die Potenziale für das Eigenmarken-Geschäft optimal ausnutzen.
Katharina Neumann | 03.08.2020
© Katharina Neumann
 

Baustelle Eigenmarken: brachliegende Umsatz- und Profitpotenziale und ungenutzte Differenzierungsvorteile


Ein strategischer Ankerpunkt für den Erfolg ist und bleibt die Differenzierung zum Wettbewerb. Viele Händler nutzen dafür u.a. Labels im unteren und mittleren Preissegment ihres Warenangebotes. Richtig gemacht bieten die Hausmarken den Kunden einen Mehrwert sowie einen rationalen und emotionalen Markennutzen. Denn nur starke Marken sind in den Köpfen des Kunden verankert. Sie haben es selbst in der Hand, die eignen Marken kundenzentrisch auszurichten und damit den Weg zur Profilierung, Wachstum und Ertragssicherung zu bestellen.


Erfolgreich sind die Händler, die sich vom Anbieter von produktorientierten Hausmarkensortimenten hin zum Anbieter von kundenorientierten Exklusivmarken entwickeln und gleichzeitig die Chance nutzen, diese sowohl an direkte Kunden (D2C) als auch an andere Retailer (B2B) zu verkaufen. Nur so lassen sich Volumen langfristig steigern und erfolgreiche Marken im Markt etablieren. Dafür ist die Integration der Eigenmarken in die ganzheitliche Markenstrategie zwingend erforderlich, da sie ein wichtiger Treiber zum Aufbau einer starken Händlermarke sowie von starken Einzelmarken ist.

 

Drei große Hürden zu mehr Umsatz und Profit mit Eigenmarken

- Viele Retailer setzen nicht genügend Energie ein, um ihre Kunden, deren Bedürfnisse, Qualitätsansprüche, Kaufverhalten und Vorzüge an Marken zu analysieren und die eigenen Marken entlang dem Wertschöpfungsprozess profilscharf auszurichten.

- Die strategische Ausrichtung und Verwendung der Eigenmarken ist mit der Unternehmensstrategie nicht genügend verzahnt. Zudem ist das Portfolio an eigenen Marken oft unausgeglichen mit vielen Überschneidungen und zu wenig Differenzierung untereinander.

- Die Verantwortlichkeiten sind gesplittet und in vielen Funktionsbereichen innerhalb der Unternehmensstruktur verankert. Ein professionelles Eigenmarkenmanagement fehlt meist.

 

Hausaufgaben für den Handel

Handelsunternehmen reden von Forcierung und Profilschärfung der eigenen Marken. In unseren Projekten erleben wir immer wieder, dass die eigenen Hausmarken zwar profitabel sind, aber häufig kein Profil besitzen, bei den Kunden nicht als Marken wahrgenommen werden und in den seltensten Fällen dem jeweiligen Händler zugeordnet werden können. Es werden Labels genutzt, um Eigenkreationen auszustatten und das untere sowie mittlere Preissegment innerhalb der Sortimente abzudecken. Ihnen fehlt eine klare Kundenausrichtung, und meist sind sie am POS für den Kunden als Marke nicht erlebbar.

Gerade auch durch die hohe Online-Präsenz sind Eigenmarken mit reinen Preis-Impulsen und ohne relevante, glaubwürdige Markenaussage austauschbar. Sie tragen nicht zur Differenzierung und Kundenbindung an das Handelsunternehmen bei.

Mit der Vielzahl an Online-Shops haben Kunden heute ein enormes Angebot an Einkaufsmöglichkeiten. Die damit einhergehende starke Konkurrenz macht deutlich, dass eine Abhebung von den Wettbewerbern für die Handelsunternehmen unerlässlich ist. Handelsmarken müssen sich ein unverwechselbares Profil aufbauen, um sich klar zu positionieren und den Hebel der Präferenzbildung für den Händler voll auszunutzen.

Erst wenn sie konsequent mit der Unternehmensstrategie verknüpft, Kundennutzen-orientiert aufgesetzt sowie professionell gemanagt werden, kann der Händler sich über die eigenen Hausmarken vom Wettbewerb abheben, einen Image-Gewinn erzielen, die Kundenloyalität steigern und somit zum Erfolg und Wachstum beitragen.

 

Ganzheitlicher Ansatz Eigenmarkenmanagement

Um das Geschäft mit den eigenen Handelsmarken profitabel und zudem mit einer großen Hebelwirkung auf das Image und die Kundenbindung der Retail Brand auszubauen, hat es sich bewährt, mit einer ganzheitlichen Perspektive an das Thema heranzugehen. Der ganzheitlicher Ansatz ermöglicht es Handelsunternehmen

- das Portfolio der Own Brands mit der Unternehmensstrategie verzahnt aufzusetzen,

- die Marken profilscharf und kundenzentriert auszurichten,

- den Prozess von der Planung bis zur Kontrolle zu steuern,

- die Verantwortlichkeiten und Aufgaben sowie die Prozesse klar zu regeln und

- zusätzliches Wachstumspotenzial aufzuzeigen.

Wichtig für den Erfolg und die interne Akzeptanz von Veränderungen der Eigenmarken ist es, die relevanten Stakeholder im Unternehmen dabei einzubinden und mitzunehmen.  

 

Die wichtigsten Bausteine für ein profitables Eigenmarkenmanagement

 

Schritt 1: Verknüpfung Unternehmensstrategie

Die Basis für den ganzheitlichen Ansatz bildet immer die Verknüpfung mit der Unternehmensstrategie. Jede Marke für sich, als auch die Eigenmarken in Summe müssen die Vision und grundsätzlichen Ziele, Leitlinien und Anforderungen der Retail Brand untermauern. Unternehmensmarke und die einzelnen Exklusivmarken sollen sich gegenseitig stützen und verstärken!

 

Schritt 2: Eigenmarken-Strategie

- Entwickeln Sie eine Logik für den Einsatz der eigenen Marken: Dazu gehört die Entscheidung, welche Marken(n) für Warengruppen- oder Zielgruppenkompetenz stehen, die Definition der jeweiligen strategischen Rolle hinsichtlich Profitabilität und Differenzierung ebenso wie die Festlegung zum nationalem/internationalem Vertrieb.

- Ordnen Sie die eignen Marken, basierend auf Kunden-Insights zu Bedürfnissen, Anwendungsgewohnheiten etc., in einem Zielgruppen-Preis-Warengruppen-Modell an. So erkennen Sie Lücken oder ggf. ungewollte Überschneidungen im Eigenmarken-Portfolio transparent und Sie können die entsprechenden Korrekturen einleiten.

 

Schritt 3: Eigenmarken-Ausrichtung

- Abgeleitet aus den strategischen Vorgaben entwickeln Sie je Einzelmarke ein klares und kundenorientiertes Markenprofile mit verbindlicher Marken-DNA.

- Erarbeiten Sie für jede eigene Marke einen Marken-Steckbrief, der verbindliche Angaben zur Positionierung, zum Markenversprechen, zu Kundensegmenten, Warengruppen und Preislagen/-gruppen und das jeweilige Ziel-Umsatz-Volumen beinhaltet.

- Legen Sie im Brand-Guide außerdem Rahmendaten zum Sortiment, Qualitätsanspruch, Preisstruktur, POS-Konzept (stationär und digital) und zur Vertriebsstruktur fest, damit diese für alle Beteiligten im Einkauf, Verkauf, Werbung, Visual Merchandising etc. als Umsetzungsvorgabe gelten.

 

Schritt 4: Planung & Kontrolle

- Für ein klares Zielsystem etablieren Sie eine Eigenmarken-Planung, die sowohl einkaufs- als auch vertriebsorientiert ist und alle Categories einschließt. Erarbeiten Sie dabei auch eine Format- und Bausteinplanung unter Berücksichtigung von Shop-Größen, Flächen-Produktivität etc., die i.d.R. Bestandteil der Vertriebssteuerung ist.

- Zusätzlich definieren Sie KPI‘s aus wirtschaftlichen Kennzahlen, Kundeninformationen und Markenstudien für das Erfolgs-Monitoring.

- Entscheidend dabei ist, aus der Vielzahl der Quellen (ERP, CRM, Google Analytics etc.) die relevanten Kennzahlen zu selektieren und in Standardberichten zur Verfügung zu stellen. So wird kontinuierlich ein Soll-Ist-Abgleich durchgeführt und Optimierungsmaßnahmen können abgeleitet werden. Hierfür empfiehlt sich zum Beispiel die Implementierung einer Brand-Score-Card.

 

Schritt 5: Verankerung Eigenmarkenmanagement

- Entscheiden Sie je nach Organisationsstruktur und der übergreifenden Zielsetzung der Eigenmarken, ob Sie das Brand-Management vertikal institutionalisieren oder in das Category-Management integrieren. Und überprüfen bzw. optimieren Sie relevante Prozesse, wie zum Beispiel Produktentwicklung, Produktions- und Beschaffungsprozess, Trendthemen- und Werbeprozess.

- Schaffen Sie ein motivierendes Anreizsystems. Je nach organisatorischer Einbindung sind für das Geschäft mit den Own Brands andere Kenn- und Steuerungszahlen relevant, die dann auch im Anreizsystem berücksichtigt werden müssen.

 

Schritt 6: Zusätzliche Wachstumspotenziale

- Zur Generierung zusätzlicher Umsatzpotenziale und Margenvorteile überdenken Sie, ob ggf. die Etablierung eines Wholesale-Konzepts mit der Unternehmensstrategie vereinbar ist.

- Analysieren und bewerten Sie, ob zusätzliche Absatz- und/oder Einkaufsvorteile auch durch Kooperationen mit Einkaufsverbänden und Online-Partnern gehoben werden können.

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Über Katharina Neumann

Vollblut-Marketer mit Herz und Verstand. Über 20 Jahre internat. Erfahrung als Unternehmensberaterin und Führungskraft im Marketing und im Vertrieb.