E-Mail-Marketing 2022: Zwei Schritte vorwärts, einen zurück
Auch in diesem Jahr lässt sich die Frage, ob E-Mail-Marketing nicht doch endlich tot sei, mit einem klaren „Nein“ beantworten. Das Versandvolumen steigt im Vorjahresvergleich um rund neun Prozent. Investitionen in professionelle Versandinfrastruktur nehmen weiter zu und Leadgenerierung über Newsletter, Kundenclub und Co. werden immer mehr zum Common Practice. Selbst B2Bler wachen langsam auf und rüsten ihr E-Mail-Marketing auf.
Herrscht im E-Mail-Marketing eine Art Goldgräberstimmung? Nun ja, teilweise. Auch wenn E-Mail-Marketing Schritt für Schritt in immer mehr Marketing-Abteilungen ernster angegangen wird, stolpern viele weiterhin über Basics.
Sei es ein benutzerfreundlicher Anmeldeprozess, das Erheben von Daten zur Segmentierung, grundlegende Marketing Automation oder rechtliche Rahmenbedingungen. All das sind Bereiche, in denen oftmals noch so einige Hausaufgaben offen bleiben. Das ist vor allem besonders deswegen schade, da eben diese Teilbereiche des E-Mail-Marketings einen hohen Uplift bei vergleichsweise geringem Ressourceneinsatz versprechen.
Zu diesem Ergebnis kommen die alljährlichen E-Mail-Marketing Benchmarks, welche in Kooperation mit dem Deutschen Dialogmarketing Verband e. V. durchgeführt wurde. Im Rahmen der Studie wurden die E-Mail-Marketing-Aktivitäten der 5000 wichtigsten Unternehmen der DACH-Region aus neun Branchen (aufgeteilt auf 231 Sektoren) auf bis zu 160 Kriterien aus sieben Themenbereichen untersucht.
"Auch wenn die Entwicklung des E-Mail-Marketing im Allgemeinen sehr erfreulich ist, versuchen viele den zweiten vor dem ersten Schritt zu machen und stellen sich somit oft selbst ein Bein.", so Studienautor Schwarz
Zero-Party-Daten: Potenziale bleiben oft ungenutzt
Die Grundlage für kundenzentrisches Marketing lässt sich mit einem Puzzle vergleichen. Umso mehr Puzzleteilchen man hat, desto besser kann man individuelle Interessen und Bedürfnisse des Kunden erkennen und diesen gerecht werden. Bisher konnten Unternehmen dieses Puzzle zu großen Teilen mithilfe von Drittdaten vervollständigen. Spätestens seit letztem Jahr steht aber ein für alle Mal fest, dass dies zunehmend schwieriger bis gar unmöglich wird. Firmen müssen künftig auf den eigenen Datenpool vertrauen und diesen kontinuierlich ausbauen. Daten, welche bewusst von Interessenten angegeben werden, erlangen somit einen höheren Stellenwert. Dabei sollen aber nicht einfach nur irgendwelche Daten angefragt werden, sondern nur jene, welche elementar wichtig sind, um den Interessenten oder Kunden besser verstehen zu können.
So ist es zwar erfreulich zu sehen, dass im Rahmen der Leadgenerierung immer öfter grundlegende Daten wie Anrede oder Name abfragt werden (66 Prozent), jedoch geht nur ein Bruchteil auch den nächsten Schritt.
Was ist damit gemeint? Während Name und Anrede zwar zur persönlichen Ansprache und in manchen Sektoren (bspw. Mode) auch zur Segmentierung genutzt werden können, fällt der Informationsgehalt dieser Datenpunkte in anderen Branchen deutlich geringer aus. Ziel von Zero-Party-Daten sollte es sein, einen Barter-Deal mit dem Leser einzugehen: „Verrate mir mehr über Dich und wir versorgen Dich nur mit dem, was für Dich wirklich relevant ist“. Das Schöne dabei: Diese Informationen sind in der Regel nicht nur kostengünstiger, sondern auch qualitativ hochwertiger als ihr Third-Party-Pendant.
Diese Möglichkeit der Datenanreicherung nutzen allerdings nur 35 Prozent – die Steigerung zum Vorjahr liegt bei gerade mal einem Prozentpunkt. Selbst in der B2B-Branche, in welcher Produkte und Dienstleistungen meist deutlich erklärungsbedürftiger sind, wird nur ein leicht überdurchschnittlicher Wert von 36 Prozent erreicht. Und das, obwohl eine Vorklassifizierung durch die Abfrage von Interessen einen deutlichen Relevanz-Hebel für künftige Neukunden und deren vor- und nachgelagerte Journey darstellt.
Domain-Sicherheit und Versandtechnik machen einen großen Sprung
Sei es die Umsetzung technischer Zustellbarkeitskriterien, der Missbrauchsschutz der eigenen Domain oder die Nutzung einer professionellen Versandinfrastruktur. All das waren in der Vergangenheit Punkte, die unzureichend umgesetzt wurden. Dieses Jahr zeigt sich hingegen ein positiver Trend. So gehören „Sicherheit“ und „Technik“ zu den wachstumsstärksten der insgesamt sieben untersuchten Bereiche. Während im letzten Jahr beispielsweise nur 27 Prozent der Untersuchten im Bereich „Sicherheit“ einen vorbildlichen Wert vorweisen konnten, liegt der Wert ein Jahr später bei ganzen 43 Prozent.
So wird immer öfter Fokus auf den umfassenden Schutz der eigenen Versand-Domain vor Spoofing gelegt. Während im letzten Jahr weniger als sechs Prozent der Versand-Domains vollständig geschützt waren, hat sich der Wert in diesem Jahr fast verdoppelt und liegt bei etwas über zehn Prozent. Zwar ist hier weiterhin mehr als genug Luft nach oben, der Aufwärtstrend lässt aber positiv stimmen. Ähnlich sieht es beim Einsatz eines professionellen E-Mail-Service-Providers aus. Der Nutzungsanteil macht von Jahr zu Jahr große Sprünge nach oben und liegt 2022 bei 78 Prozent.
Weniger erfreulich ist hingegen die Tatsache, dass rund ein Drittel der Untersuchten mit aktiven DMARC-Schutz Gefahr laufen, dass die eigenen Mails von Mailboxprovidern fälschlicherweise als verdächtig eingestuft werden. Grund hierfür ist das fehlende Domain Alignment der sichtbaren und technischen Absenderadresse.
Anmeldeprozesse werden langsam benutzerfreundlicher
Zu viele Klicks, Hürden wie Captchas, unnötige Pflichtfelder oder ein kontraintuitiver DOI-Prozess schränken die Nutzerführung ein und führen zu hohen Abbruchraten. Diesbezüglich ist zwar eine kleine, aber dennoch wichtige Steigerung zum Vorjahr erkennbar. Während 2021 nur 18 Prozent der Anmeldeprozesse optimiert waren, sind es in diesem Jahr bereits 21 Prozent. Der größte Stolperstein bleibt aber der Aufbau von Anmeldehürden. Rund die Hälfte fragt zu viele Daten ab oder nutzt Captcha-Verfahren, welche der User aktiv bestätigen muss. Eine zweistufige Anmeldung, bei der Daten erst im zweiten Schritt oder nach Bestätigung der DOI-Mail abgefragt werden, ist bei 16 Prozent im Einsatz.
Am einfachsten machen es Händler, so entsprechen im Schnitt vier von zehn Anmeldungen den Kriterien. Am schwierigsten hat man es in der Beratungs- und IT-Branche. Gerade einmal sechs Prozent der Untersuchten machen Interessenten die Anmeldung kinderleicht.
"Ein langwieriger und aus Sicht des Nutzers unklarer Sign-up-Prozess kann angesichts der Absprungraten Bares Geld kosten. Hier müssen einige Unternehmen definitiv nacharbeiten!", so Studienautor Danylo Vakhnenko
Donnerstag weiterhin der beliebteste Versandtag
Neben der Betreffzeile ist die Auswahl des Versandtages mit eine der häufigsten Fragen, die im E-Mail-Marketing diskutiert wird. Das ist auch wenig verwunderlich: Frequenz und Versandzeit sind entscheidend, damit E-Mails nicht untergehen und ungeöffnet gelöscht werden. Einen universell „besten Versandtag“ gibt es allerdings nicht – wichtig ist, dass der Versandzeitpunkt an die eigene Zielgruppe und deren Lebens- oder Arbeitsumstände angepasst wird.
Um herauszufinden, welche Tage aktuell am meisten für den Versand genutzt werden, wurden im Rahmen der Studie über 75.000 Mails von 5000 Top-Unternehmen ausgewertet. Das Ergebnis: Donnerstag bleibt der Versandliebling. Hier erhält man, sowohl im B2B (26 Prozent) als auch im B2C (21 Prozent) die meisten Marketing-Mails. Ausgewichen wird im B2B gerne auf den Dienstag und im B2C auf den Freitag. Zwar seltener, aber im B2C doch ab und an genutzt – das Wochenende. Rund 13 Prozent der untersuchten Mails trudelten am Wochenende in die Inbox.
Einen regelmäßigen Versand am Samstag oder Sonntag gibt es nur bei rund fünf Prozent der B2Cler. Spitzenreiter sind Touristiker – zwölf Prozent der Untersuchten versorgen ihre Leserschaft auch am Wochenende mit den besten Reisezielen.
Die komplette Kurzversion gibt es als kostenlosen Download unter emailbenchmarks.de