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Praxistipps zur Evaluation von CMS-Systemen

Was Sie bei der Auswahl eines CMS-Systems beachten sollten und warum zu klein und zu groß ausgelegte CMS-Systeme oft unnötige Kosten verursachen
CMS-Evaluation: Abgleich verschiedener CMS-Systeme mit einem exemplarischen Anforderungsprofil © Pinuts digital thinking GmbH
 

Die Auswahl eines Content-Management-Systems (CMS) entscheidet nicht nur über die Zufriedenheit Ihrer Redakteure und Website-Besucher, sondern auch über Machbarkeit und Kosten zukünftiger Webprojekte zur Verbesserung der Customer Experience und zur Digitalisierung von Prozessen. Folgende Tipps helfen Ihnen, sich bei der Evaluation auf die entscheidenden Punkte zu fokussieren und zu erkennen, ob eine externe CMS-Beratung für Ihr Unternehmen sinnvoll ist. Im Vorfeld einer Ausschreibung sind diese Themen besonders relevant, da es im Verlauf der Ausschreibung kaum noch möglich ist, Änderungen und Ergänzungen vorzunehmen.

Objektiven Auswahlprozess sicherstellen

Nicht nur externe Beteiligte wie CMS-Hersteller, Beratungsunternehmen und Agenturen bringen subjektive und von eigenen Interessen geleitete Argumente in den Entscheidungsprozess hinein. Auch im eigenen Hause gibt es Präferenzen, Vorerfahrungen und Vorgaben, die einer objektiven CMS-Auswahl im Wege stehen. Stellen Sie alle direkten und indirekten Vorentscheidungen auf den Prüfstand:

  • Wird das aktuelle System bevorzugt, um den Aufwand für die Systemumstellung einzusparen?
  • Werden nur Open-Source- oder nur Enterprise-Systeme in die Auswahl einbezogen und wenn ja, warum?
  • Gibt es Vorbehalte gegen Cloud-Lösungen, obwohl der Sicherheitsstandard einiger Cloud-Anbieter den der eigenen IT-Systeme deutlich übersteigt?
  • Ist ein CMS nur deshalb in der engeren Wahl, weil Redakteurinnen und Redakteure es kennen und bedienen können?


Drehen Sie die Perspektive um. Prüfen Sie nicht, ob Ihr aktuelles oder favorisiertes System alle Anforderungen abdeckt, sondern welche CMS-Systeme am besten zu Ihrem gesamtheitlichen Anforderungsprofil passen. Die Definition der Anforderungen muss immer am Anfang des Prozesses stehen.


Relevanz der Anforderungen beachten

Die Praxis der CMS-Beratung zeigt, dass Anforderungen aus dem redaktionellen Bereich meist sehr detailliert erfasst werden. Etwa 80% dieser Funktionalitäten sind allerdings für die Auswahl des CMS-Systems überhaupt nicht relevant, weil sie heute von allen gängigen Produkten erfüllt werden oder sich auf die Eigenschaften von Templates beziehen. Typische Beispiele sind das automatische Verkleinern von Bildern, die Verwaltung von Gruppen und Berechtigungen sowie die Einrichtung von Workflows. Anforderungen aus dem technischen Bereich, zum Beispiel die Anbindung von Drittsystemen, werden dagegen oft nicht so präzise definiert, wie es nötig wäre. Hier wird es den Herstellern leicht gemacht, mit schwammigen Antworten wenig praktikable oder kostenintensive Lösungsansätze zu verschleiern. Achten Sie darauf, dass alle Beteiligten aus Redaktion, Marketing, Technik und Einkauf befragt werden und ihre Anforderungen genau spezifizieren.


„Wie“ möchten Sie mit dem CMS arbeiten?

Die Darstellung des Anforderungsprofils in einer Matrix verleitet dazu, komplexe Arbeitsweisen auf „geht“-/„geht nicht“-Fragen zu reduzieren. Dabei können Sie schnell aus den Augen verlieren, dass es in der Praxis weniger darauf ankommt, „ob“ etwas geht, sondern vielmehr, „wie“ etwas geht. Umständliche Arbeitsweisen oder unvollständige Ergebnisse können einer vorhandenen Funktionalität schnell ihren Wert nehmen. Die erfolgversprechendste Lösung ist nicht die mit den meisten positiven Häkchen, sondern die, die am besten dazu passt, wie die in der Organisation arbeitenden Menschen mit einem CMS-System arbeiten wollen. Ergänzen Sie deshalb Ihre Anforderungsmatrix um detaillierte Beschreibungen der benötigten Arbeitsweisen und Arbeitsabläufe.


CMS nicht zu klein wählen

Bei der Bevorzugung von Open-Source- und anderen von der Erstinvestition her günstigen Systemen geht es meist weniger um deren fachliche und technische Eigenschaften, sondern vor allem um die Einsparung von Lizenzkosten. Ohne Auswertung des Anforderungsprofils sagen diese allerdings wenig über die Gesamtkosten eines Webprojektes aus. Wer sich darauf verlässt, dass fehlende Funktionen jederzeit problemlos über Plugins oder Individualentwicklung ergänzt werden können, gerät schnell in eine Kostenspirale oder muss feststellen, dass die benötigten Erweiterungstools nicht sicher und zukunftsfähig sind. Im schlimmsten Fall ist es technisch gar nicht möglich, die vorgesehenen Funktionalitäten zu realisieren. Gleichen Sie daher den Funktionsumfang kleiner CMS-Lösungen sorgfältig mit Ihren Anforderungen ab und prüfen Sie, ob sich die Lizenzgebühren leistungsfähigerer Systeme durch effizientere Arbeitsweisen und Einsparung der Kosten für individuelle Anpassungen amortisieren. In einigen Fällen ziehen unterdimensionierte CMS-Systeme sogar eine Verschlechterung der Arbeits- und Geschäftsprozesse nach sich. Der resultierende Mehraufwand muss ebenfalls in die Bewertung einbezogen werden.


CMS nicht zu groß wählen

Auch die Auswahl eines zu großen CMS kann zu unnötigen Mehrkosten führen. Mit der Leistungsstärke der Produkte steigt auch deren Komplexität und damit der finanzielle Aufwand für Einführung, Schulung und Integration in die vorhandene Systemlandschaft. Bei komplexen Anforderungen, zum Beispiel an das Formularwesen oder die Anbindung von Data-Analytics- oder externen Assetmanagement-Lösungen, können große CMS-Systeme Ihre Vorteile ausspielen. Wenn Sie derartige Bedürfnisse auf absehbare Zeit nicht haben werden, sollten Sie die überflüssige Komplexität vermeiden.


Externe Expertise nutzen

Je höher die Komplexität Ihrer Anforderungen ist, desto aufwendiger und fehleranfälliger wird es, die CMS-Evaluation mit hauseigenen Ressourcen durchzuführen und desto eher lohnt es sich, externe Berater hinzuzuziehen. Diese können auf Basis des vorhandenen Vorwissens viele CMS-Systeme oder Systemarten von vornherein ausschließen und den entsprechenden internen Zeitaufwand einsparen. Bei Hersteller-Präsentationen treten sie als Herausforderer der Vertriebler auf, hinterfragen die wohlklingenden Statements der Marketingfolien und sorgen dafür, dass Probleme frühzeitig erkannt werden.

Der Mehrwert, den ein auf CMS-Beratung spezialisiertes Beratungsunternehmen bietet, besteht nicht nur aus den Detailkenntnissen über technologische Grundlagen und CMS-Systeme, sondern insbesondere aus der über viele Jahre angereicherten Projekterfahrung. Wenn es darum geht, eine erfolgreiche und praktisch umsetzbare Unternehmens- und Digitalisierungsstrategie zu finden, sind Best-Practice-Beispiele und ein realistischer Blick auf Chancen und Risiken von hohem Wert.


Fazit

Verbessern Sie Ihre CMS-Evaluation, indem Sie zu Beginn des Auswahlprozesses einen umfassenden und in allen Bereichen genau spezifizierten Anforderungskatalog erstellen. Beziehen Sie alle Beteiligten aus Redaktion, Marketing, Technik und Einkauf ein. Legen Sie besonderen Wert darauf, wie Ihre Anforderungen umgesetzt werden und welche Mehrkosten durch Individualentwicklungen und Dienstleistungen entstehen.

Auf CMS-Beratung spezialisierte IT-Dienstleister können Sie mit einem produktunabhängigen und standardisierten Evaluationsprozess bei der Auswahl des richtigen CMS-Systems für Ihr Unternehmen unterstützen.

Autor: Nicholas Schulz, Director Digital Consulting, Pinuts