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Lead Scoring neu gedacht: adaptiv und KI-basiert

Moderne Lead-Scoring-Systeme priorisieren anhand idealer Zielkundeneigenschaften, Vertriebsstruktur und CRM-Signalen – und skalieren adaptiv.
Sascha Albrink | 29.07.2025
Lead Scoring - Das Fundament der Daten muss stimmen © pr://ip
 

Stellen Sie sich vor: Ihr Vertrieb ruft nur noch Leads an, die tatsächlich kaufbereit sind. Keine Zeitverschwendung mit unqualifizierten Kontakten, keine frustrierten Vertriebsmitarbeiter mehr. Klingt wie ein Traum? Ist es nicht – es ist das Ergebnis von richtig implementiertem Lead Scoring in Revenue Teams. 

Lead Scoring beschreibt die Bewertung potenzieller Kunden anhand vordefinierter Kriterien – etwa Firmengröße, Verhalten auf der Website oder Interaktionen mit Content. Ziel ist es, aus der Vielzahl an Kontakten diejenigen zu finden, die Sales-Teams lieben und mit hoher Wahrscheinlichkeit konvertieren. Branchenbeobachtungen zeigen, dass ein Großteil der Marketing Qualified Leads nie zu einem Verkaufsabschluss führt. Der Grund: häufig vergeben Marketingteams willkürlich Scoring-Punkte für Website-Besuche und Downloads – ohne zu berücksichtigen, ob das Unternehmen überhaupt zur Zielgruppe passt.

Die Scoring-Philosophie: Vorwärts konzipieren, rückwärts bauen

Viele Marketer verstehen Lead Scoring als reine Aktivitätsmessung. Aber ohne eine saubere Datenbasis und systematische Herangehensweise skaliert man mit dem Scoring nur die eigenen Schwächen. Erfolgreiche Lead Scoring-Systeme folgen einem klaren Prinzip: Konzipiere vorwärts – wie bewegt sich der Kunde im besten Fall durch die Journey – und baue rückwärts. Diese Doppelperspektive berücksichtigt sowohl die Kundensicht als auch die Anforderungen des Vertriebs.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht dieses Vorgehen: Nehmen Sie einen einfachen Lead-Gen-Flow, bei dem Nutzer von Schritt 1 bis 8 vorwärts wandern. Wenn Sie diesen Flow jedoch von 8 bis 1 rückwärts bauen – also vom gewünschten Endergebnis zur ersten Berührung – können Sie sichergehen, dass der Flow niemals defekt ist. Sie wissen genau, welche Schritte nötig sind und können entsprechend die Scoring-Punkte vergeben.

Das bedeutet konkret: Zuerst wird die ideale Customer Journey definiert, dann wird das Scoring-System schrittweise entlang des Lifecycles bis zur Opportunity aufgebaut. So entstehen qualifizierte Leads, die sowohl für Marketing als auch Sales wertvoll sind.

Die drei Säulen des modernen Lead Scorings

Die Grundlage bilden zunächst zwei Level: Account-Ebene und Kontakt-Ebene. Diese Basis wird jedoch um eine entscheidende Dimension erweitert: das Tier-Scoring. Schauen wir uns die einzelnen Säulen im Detail an.

Säule 1: ICP-Match Scoring – Die Grundvoraussetzung

Passt dieses Unternehmen überhaupt zum eigenen ICP? Diese Frage steht am Anfang jedes Lead Scoring-Prozesses. Das Ideal Customer Profile (ICP) definiert die Grundkriterien aus den Firmografics wie zum Beispiel Unternehmensgröße, Branche, Mitarbeiteranzahl oder Umsatz, um nur einige wenige zu nennen.

In der Praxis funktioniert das so: Ein Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern erhält 50 Punkte, bestimmte Branchen weitere Punkte. Alle Unternehmen, die eine 80 erreichen, sind High Value Score Fit Companies. Das System arbeitet mit einem dreistufigen Ampelsystem: rot (weniger als 50 Punkte), gelb (50-80 Punkte) und grün (80-100 Punkte).

Säule 2: ICP-Tier Scoring – Die richtige Einordnung

Nicht alle ICP-Matches sind gleich wertvoll. Deshalb folgt als zweiter Schritt die Einordnung in die entsprechenden Business-Segmente: SMB (Small and Medium Business), Mid Market oder Enterprise. Diese Tier-Einordnung beeinflusst sowohl die Priorisierung als auch die Ressourcenverteilung im Vertrieb. Ein Enterprise-Lead mit perfektem ICP-Match hat einen höheren Tier-Score als ein SMB-Lead.

Säule 3: Interaktivitäts-Score – Das Engagement messen

Der Interaktivitäts-Score misst das tatsächliche Engagement: Website-Besuche, Content-Downloads, E-Mail-Öffnungen oder CTA-Klicks. Entscheidend ist dabei die Dokumentation von Customer Journey-Signalen im CRM: Jeder Call-to-Action und jedes Formular wird einer Journey-Phase zugeordnet. Ein Click zum Download eines Awareness-Whitepapers signalisiert Awareness, ein Klick auf "Jetzt Kontakt aufnehmen" signalisiert eine mögliche Kaufbereitschaft.

Dynamische Score-Anpassung: Der Seller-Faktor

Ein oft übersehener Aspekt ist die Anpassung der Score-Schwellen je nach Vertriebskapazität. Je nachdem, wie die eigenen Vertriebler ausgelastet sind, werden die Scores für die Übergabe angepasst.

In der Praxis bedeutet das: Sind die Vertriebsmitarbeiter überlastet, werden die Score-Schwellen erhöht – nur die wärmsten Leads kommen durch. Haben sie Kapazitäten frei, werden auch Leads mit niedrigeren Scores übergeben.

Bei einigen Unternehmen geht das so weit, dass der Vertrieb selbst entscheidet: Manche Unternehmen sagen, sie wollen gar keine Leads mehr von Marketing übergeben bekommen. Sie suchen sich die Scores aus, die sie gerade brauchen. Dieses "Company Picking" gibt dem Vertrieb maximale Flexibilität.

Das Fundament der Daten muss stimmen

Ohne saubere Datenbasis skaliert man mit dem Scoring nur die eigenen Schwächen. Scoring verstärkt alles – auch Schwächen und Datenlücken. Die Lösung: Data Enrichment durch KI-gestützte Smart Fields. Fehlt beispielsweise die Mitarbeiterzahl, kann ein KI-Prompt automatisch eine Internetrecherche durchführen und das Feld befüllen. 

Die häufigsten Stolperfallen entstehen durch mangelnde Datenbasis und fehlende Abstimmung zwischen Marketing und Sales – ohne vollständige Unternehmensdaten und gemeinsam definierte Kriterien funktioniert kein System. Gleichzeitig scheitern viele Unternehmen an zu komplexen, statischen Systemen, die sich nicht an die Vertriebskapazitäten anpassen lassen.

Fazit: Lead Scoring als Umsatztreiber

Lead Scoring optimiert die Ressourcenverteilung im Vertrieb, indem es sicherstellt, dass nur wirklich qualifizierte Leads mit echtem Kaufinteresse bearbeitet werden – das führt zu höheren Conversion-Raten und mehr Deals. Gleichzeitig schafft es eine datenbasierte Brücke zwischen Marketing und Sales, die beiden Bereichen hilft, gemeinsam an messbaren Umsatzzielen zu arbeiten.

Der Schlüssel liegt in der systematischen Herangehensweise: Vorwärts konzipieren, rückwärts bauen – und dabei immer die Bedürfnisse beider Seiten im Blick behalten. Richtig implementiert, wird Lead Scoring zum klaren Umsatztreiber.

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Sascha Albrink persönlich treffen:
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14.04.2026 | Würzburg
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Sascha Albrink ist geschäftsführender Gesellschafter der 2002 von ihm gegründeten Inbound-Marketing-Agentur sixclicks. Er l(i)ebt digitales Marketing.

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