NPS wird strategischer KPI im DAX
DAX-Konzerne setzen verstärkt auf den Net Promoter Score als Leistungsindikator © Freepik / rawpixel.com
Die Kundenschnittstelle ist längst zu einem der entscheidenden Wettbewerbsfelder geworden. Unternehmen, die heute Wachstum erzielen wollen, müssen ihre Kund:innen nicht nur erreichen, sondern auch begeistern – und das über alle digitalen Kontaktpunkte hinweg. Genau hier setzt der Net Promoter Score (NPS) an, ein Kennwert, der seit einigen Jahren die Marketing- und Transformationsstrategien vieler Unternehmen prägt. Doch nun zeigt sich erstmals eine deutliche Veränderung auch in der Geschäftsberichterstattung der größten deutschen Konzerne: Der NPS gewinnt im DAX klar an strategischer Bedeutung.
Die aktuelle Ausgabe des DAX DIGITAL MONITOR (www.dax-digital-monitor.de), der die Geschäftsberichte der DAX40-Unternehmen des Jahres 2024 untersucht, macht diesen Trend sichtbar. Die Studie analysiert unter anderem die berichteten Maßnahmen zur Digitalisierung, zur Corporate Digital Responsibility und zum Einsatz künstlicher Intelligenz. Ein besonderer Fokus lag in diesem Jahr auch auf dem Themenfeld „Kundenzufriedenheit“ über digitale Kontaktpunkte – und hier zeigt sich eine bemerkenswerte Entwicklung: Der Net Promoter Score (NPS) ist in der Berichterstattung laut dem sechsten DAX DIGITAL MONITOR (DDM) so präsent wie nie zuvor.
Was misst der NPS eigentlich?
Bevor wir auf die Studienergebnisse blicken, lohnt sich ein Blick auf den Kern des NPS. Der Net Promoter Score ist eine einfache, aber äußerst wirkungsvolle Kennzahl zur Messung von Kundenzufriedenheit und -loyalität. Er basiert auf einer zentralen Frage: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie unser Unternehmen weiterempfehlen würden?“ Kund:innen bewerten diese Frage auf einer Skala von 0 bis 10. 9 und 10 gelten als „Promotoren“, begeisterte Weiterempfehler. 7 und 8 sind „Passive“, die zwar zufrieden, aber wenig loyal sind. 0 bis 6 sind „Detraktoren“, die das Unternehmen nicht empfehlen würden und häufig kritisch eingestellt sind.
Der NPS ergibt sich aus dem Anteil der Promotoren minus dem Anteil der Detraktoren. Je höher der Wert, desto stärker die emotionale Bindung der Kund:innen – und desto stabiler der wirtschaftliche Erfolg. Dass diese Kennzahl international breite Anwendung findet, liegt an ihrer Einfachheit, ihrer Vergleichbarkeit und ihrer hohen Aussagekraft für langfristiges Wachstum. Für Marketingverantwortliche ist der NPS deshalb mehr als nur ein Stimmungsbarometer. Er ist ein gelebter Indikator dafür, wie gut Kundenerlebnisse funktionieren, wie wirkungsvoll digitale Maßnahmen sind und wie konsequent Kundenzentrierung im Unternehmen umgesetzt wird.
Auch DAX-Unternehmen setzen verstärkt auf den NPS
Seit Beginn der DDM-Studie im Jahr 2020 galt der NPS in der Geschäftsberichterstattung der DAX-Konzerne eher als Randnotiz – genutzt von einzelnen Vorreitern, aber keinesfalls flächendeckend verankert. 2024 zeigt sich das Bild erstmals grundlegend verändert.
Der NPS hat signifikant an Bedeutung gewonnen, sowohl in der Häufigkeit seiner Erwähnung als auch in der Art der Verankerung im Management. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der Allianz: Das Unternehmen gilt schon seit Jahren als Vorreiter, da der NPS dort sogar Bestandteil der Vorstandsvergütung ist. Die Botschaft ist klar: Kundenzufriedenheit ist nicht nur Marketingaufgabe, sondern strategische Führungsaufgabe.
Auch andere DAX-Konzerne folgen zunehmend diesem Ansatz. So setzt die Deutsche Telekom den NPS seit 2021 zur regelmäßigen Kundenzufriedenheitsmessung ein und betont in ihrer Geschäftsberichterstattung die fundamentale Veränderung der Kundenschnittstellen durch generative KI. E.ON nutzt den NPS ebenfalls – und bezeichnet ihn ausdrücklich als kontinuierliches Steuerungsinstrument.
Damit wird der NPS zum verbindenden Element zwischen Digitalisierung, Wachstum und Kundenorientierung. Genau diesen Zusammenhang hebt der DAX DIGITAL MONITOR hervor: Kundenzentrierung darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss eng mit dem Themenfeld „Wachstum“ verknüpft sein. Unternehmen, die ihren Kund:innen zuhören und deren Zufriedenheit systematisch messen, schaffen die Grundlage für belastbare digitale Geschäftsmodelle.
Digitale Kundenschnittstellen werden über den NPS zum Transformationskern
Die Studie zeigt zudem, dass viele DAX-Unternehmen digitale Technologien als Schlüssel für ein verbessertes Kundenerlebnis einsetzen – von künstlicher Intelligenz über Datenanalysen bis hin zu neuen Interface-Lösungen. Einige Beispiele aus den Geschäftsberichten verdeutlichen diesen Trend: BASF setzt auf ein fokussiertes Technologie- und Produktportfolio sowie eine enge Zusammenarbeit an der Kundenschnittstelle. Bayer stärkt die Kundennähe durch digitale Konnektivität. Beiersdorf meldet eine stetig steigende digitale Durchdringung in der Konsumenteninteraktion. Die Commerzbank experimentiert mit virtuellen Banking-Avataren, um Kundenerlebnisse zu verbessern. Die DHL Group nutzt Datenanalysen, um entlang der gesamten Customer Journey Optimierungen vorzunehmen. Die Münchener Rück arbeitet mit Zukunftstechnologien, verbessert App-Oberflächen und unterstützt Kund:innen aktiv bei der Einführung von KI.
Fast alle diese Maßnahmen zielen auf ein Ziel: Die Kundenschnittstelle soll persönlicher, digitaler, intuitiver und messbar erfolgreicher werden. Der NPS wird dabei zum Navigator. Er macht sichtbar, ob diese technologischen Investitionen tatsächlich beim Kunden ankommen – oder nur als Innovationsprojekte im Unternehmen versanden. Genau deshalb gewinnt er an strategischer Bedeutung.
Warum der NPS im Marketing stärker verankert werden sollte
Für Marketingverantwortliche ergibt sich aus den Studienergebnissen ein klarer Handlungsimpuls. Der NPS entwickelt sich zunehmend zu einem Standard in der Corporate Governance großer Unternehmen. Wer heute im Marketing arbeitet, muss nicht nur Kundenerlebnisse gestalten, sondern auch nachweisen können, wie erfolgreich diese Maßnahmen tatsächlich sind.
Drei Punkte sprechen dafür, den NPS jetzt strategisch zu nutzen:
1. Die größten deutschen Konzerne machen vor, wie messbare Kundenzufriedenheit in die Unternehmenssteuerung integriert wird.
2. Digitale Technologien – insbesondere KI – ermöglichen eine bisher unerreichte Präzision in Echtzeitanalysen.
3. Unternehmen verlagern ihren Fokus immer stärker auf end-to-end Customer Experience, und der NPS ist eines der wenigen Instrumente, das diese Komplexität einfach abbildet.
Die Kundenzufriedenheit wird damit mehr und mehr zur strategischen Führungsgröße! Der neue DAX DIGITAL MONITOR zeigt eindrucksvoll, dass Kundenzentrierung kein Soft-Thema mehr, sondern ein zentraler Leistungsfaktor ist. Der Net Promoter Score entwickelt sich vom Marketinginstrument zum strategischen KPI auf Vorstandsebene. Unternehmen, die jetzt beginnen, ihn konsequent einzusetzen, schaffen nicht nur bessere Kundenerlebnisse, sondern positionieren sich für nachhaltiges Wachstum. Für Marketingverantwortliche ist das eine gute Nachricht – denn die Gestaltung der Kundenschnittstelle wird damit zu einem der sichtbarsten Hebel der Unternehmensentwicklung.